Erbfolge ohne Testament – Wer erbt?

Aktualisiert am April 24, 2025

Nils-Jasper Schuler

Notar in Hannover

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Erbfolge ohne Testament – Wer erbt?

Fehlt im Erbfall ein Testament oder ein Erbvertrag, greift in Deutschland die gesetzliche Erbfolge. Die gesetzliche Erbfolge ohne Testament regelt, welche Angehörigen welchen Anteil am Nachlass erhalten. Für viele Erblasser stellt sich die Frage, ob diese gesetzliche Regelung ihren Wünschen entspricht. Für Erben wiederum ist es entscheidend zu wissen, wer überhaupt erbberechtigt ist und wie hoch der eigene Erbanteil ausfällt. Im Folgenden wird die gesetzliche Erbfolge präzise erläutert.

Wir stehen Ihnen für alle notariellen Angelegenheiten zur Verfügung. Nils-Jasper Schuler ist ein erfahrener Rechtsanwalt und Notar aus Hannover und berät Sie gerne zu allen Fragen rund um Erbrecht und Schenkungen. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf!

Was bedeutet gesetzliche Erbfolge?

Die gesetzliche Erbfolge greift immer dann, wenn kein Testament oder Erbvertrag existiert oder die darin enthaltenen Regelungen unwirksam sind. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) legt die Erbfolge in den §§ 1924 ff. BGB fest. Die gesetzliche Erbfolge richtet sich dabei in erster Linie nach der Verwandtschaft zum Erblasser. Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner nehmen eine Sonderstellung ein, da sie keine Verwandten sind, aber dennoch in die gesetzliche Erbfolge einbezogen werden.

Erben erster Ordnung – Kinder und Enkel des Erblassers

An erster Stelle der gesetzlichen Erbfolge stehen die Abkömmlinge des Erblassers. Dazu gehören:

  • Kinder (leibliche und adoptierte Kinder),
  • Enkel,
  • Urenkel.

Kinder des Erblassers erben zu gleichen Teilen. Lebt ein Kind zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr, treten dessen Kinder – also die Enkel des Erblassers – an seine Stelle (sogenannte Erbfolge nach Stämmen). Diese Regelung sorgt dafür, dass die Erbteile innerhalb einer Linie nach unten weitergegeben werden, wenn ein direkter Abkömmling bereits verstorben ist.

Erben zweiter Ordnung – Eltern, Geschwister und deren Nachkommen

Hinterlässt der Erblasser keine Abkömmlinge, treten die Erben zweiter Ordnung an die Stelle. Zu den Erben zweiter Ordnung gehören:

  • die Eltern des Erblassers,
  • die Geschwister des Erblassers,
  • die Neffen und Nichten.

Auch hier gilt das Prinzip der Erbfolge nach Stämmen. Stirbt ein Elternteil vor dem Erblasser, treten die Geschwister des Erblassers an dessen Stelle. Sind auch diese vorverstorben, erben deren Kinder (also Neffen und Nichten).

Erben dritter Ordnung – Großeltern und deren Nachkommen

Sind weder Abkömmlinge noch Eltern, Geschwister oder Neffen und Nichten vorhanden, greift die Erbfolge der dritten Ordnung. Diese umfasst:

  • die Großeltern des Erblassers,
  • die Onkel und Tanten des Erblassers,
  • die Cousins und Cousinen.

Auch hier erfolgt die Erbfolge nach Stämmen. Ist ein Großelternteil bereits verstorben, treten dessen Kinder, also die Onkel und Tanten des Erblassers, an deren Stelle. Leben diese ebenfalls nicht mehr, erben deren Kinder, also die Cousins und Cousinen.

Erben vierter Ordnung und entferntere Verwandte

Sollte kein Erbe aus den ersten drei Ordnungen vorhanden sein, bezieht die gesetzliche Erbfolge auch die Urgroßeltern und deren Nachkommen ein. Mit zunehmender Entfernung sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass noch erbberechtigte Verwandte existieren. In der Praxis spielt die Erbfolge ab der vierten Ordnung nur selten eine Rolle.

Ehegatten und eingetragene Lebenspartner – Sonderstellung im Erbrecht

Der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner des Erblassers nimmt eine Sonderstellung innerhalb der gesetzlichen Erbfolge ein. Der Ehegatte erbt neben Verwandten der ersten, zweiten oder dritten Ordnung und erhält einen gesetzlich festgelegten Anteil am Nachlass. Die Höhe dieses Anteils richtet sich nach dem Güterstand der Ehe:

  • Zugewinngemeinschaft: Der Ehegatte erhält neben Erben erster Ordnung ein Viertel des Nachlasses. Zusätzlich wird ihm ein weiteres Viertel als pauschaler Zugewinnausgleich zugesprochen, sodass er insgesamt die Hälfte des Nachlasses erhält.
  • Gütertrennung: In der Gütertrennung erbt der Ehegatte neben einem Kind zur Hälfte, bei mehreren Kindern zu gleichen Teilen mit den Kindern.
  • Gütergemeinschaft: In diesem Güterstand hängt der Erbteil des Ehegatten von den vertraglichen Vereinbarungen ab.

Sind keine Verwandten der ersten oder zweiten Ordnung vorhanden, erbt der überlebende Ehegatte einen größeren Anteil oder den gesamten Nachlass.

Auswirkungen der gesetzlichen Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge berücksichtigt Verwandte in einer hierarchischen Reihenfolge. Solange Erben einer höheren Ordnung existieren, schließen diese die Erben niedrigerer Ordnungen aus. Hinterlässt ein Erblasser beispielsweise Kinder, gehen Eltern oder Geschwister leer aus. Dieses Prinzip der Erbfolge nach Ordnungen sorgt für eine klare Rangfolge und schafft Rechtssicherheit.

Allerdings entspricht die gesetzliche Erbfolge nicht immer den individuellen Vorstellungen eines Erblassers. Wer Lebensgefährten, Stiefkinder oder Freunde bedenken möchte, muss zwingend eine letztwillige Verfügung wie ein Testament errichten. Diese Personengruppen sind von der gesetzlichen Erbfolge vollständig ausgeschlossen.

Auch wenn die gesetzliche Erbfolge nicht greift oder durch ein Testament umgangen wird, haben bestimmte Angehörige einen Pflichtteilsanspruch. Der Pflichtteil sichert Kindern, Ehegatten und Eltern des Erblassers eine finanzielle Mindestbeteiligung am Nachlass – unabhängig davon, ob sie enterbt wurden. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und muss in Geld ausgezahlt werden.

Ausschlagung und Erbausschluss

Ein Erbe nach gesetzlicher Erbfolge ist nicht verpflichtet, die Erbschaft anzunehmen. Wer beispielsweise hohe Schulden im Nachlass vermutet, hat die Möglichkeit, die Erbschaft innerhalb einer Frist von sechs Wochen auszuschlagen. In diesem Fall geht der Erbteil auf die nachfolgenden gesetzlichen Erben über. Ein Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge ist nur durch wirksame Enterbung in einem Testament oder durch erbunwürdiges Verhalten möglich.

Erbfolge mit Testament: Vorteile der gewillkürten Erbfolge

Ein Testament eröffnet die Möglichkeit, die eigene Erbfolge individuell zu gestalten und von den starren Vorgaben der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen. Erblasser bestimmen frei, wer welchen Anteil am Nachlass erhält – auch außerhalb der gesetzlichen Erbengemeinschaft. So lassen sich beispielsweise Lebensgefährten, Stiefkinder oder gemeinnützige Organisationen bedenken, die ohne Testament leer ausgehen würden. Gleichzeitig erlaubt ein Testament, klare Regelungen zu treffen, um Streitigkeiten unter den Erben vorzubeugen.

Besonders bei komplexen Familienverhältnissen oder größeren Vermögenswerten empfiehlt sich die Errichtung eines notariellen Testaments. Ein Notar sorgt dafür, dass der letzte Wille eindeutig formuliert, rechtlich wirksam und gerichtsfest dokumentiert wird. Wer seine Nachlassplanung professionell gestalten möchte, profitiert von einer frühzeitigen Beratung durch einen erfahrenen Notar oder Erbrechtsanwalt. Unsere Kanzlei unterstützt Sie gern bei allen Fragen rund um die Testamentserstellung und berät Sie zur optimalen Gestaltung Ihrer individuellen Erbfolge.

Fazit

Die gesetzliche Erbfolge sorgt für eine klare Verteilung des Nachlasses, folgt jedoch starren Regeln. Individuelle Wünsche des Erblassers finden ohne testamentarische Verfügung keine Berücksichtigung. Besonders in Patchwork-Familien oder bei nicht ehelichen Lebensgemeinschaften führt die gesetzliche Erbfolge häufig zu unerwünschten Ergebnissen. Wer sicherstellen möchte, dass der eigene Nachlass nach persönlichen Vorstellungen verteilt wird, sollte frühzeitig eine rechtswirksame letztwillige Verfügung errichten. Eine fundierte rechtliche Beratung hilft dabei, alle erbrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten optimal auszuschöpfen.

Für notarielle Fragen stehen wir Ihnen gerne mit unserer Expertise zur Seite. Als Rechtsanwalt und Notar ist Nils-Jasper Schuler ein wichtiger Ansprechpartner. Wir unterstützen Unternehmen und Privatpersonen bei der Abwicklung ihrer erbrechtlichen Angelegenheiten. Vereinbaren Sie gerne einen Termin.

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