Notar erklärt: Sylter Testament oder Berliner Testament?

Aktualisiert am April 24, 2025

Nils-Jasper Schuler

Notar in Hannover

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Notar erklärt: Sylter Testament oder Berliner Testament?

Die Errichtung eines Testaments ist ein wichtiger Schritt, um die Vermögensnachfolge nach den eigenen Vorstellungen zu regeln. Besonders Ehepaare stellen sich häufig die Frage, welche Form des gemeinschaftlichen Testaments die beste Wahl ist. Zwei bekannte Varianten sind das Sylter Testament und das Berliner Testament. Beide Testamentsformen haben unterschiedliche Auswirkungen auf die Erbfolge und sollten sorgfältig abgewogen werden.

Wir unterstützen Sie in allen notariellen Angelegenheiten. Als erfahrener Rechtsanwalt und Notar aus Hannover berät Nils-Jasper Schuler Sie gerne zu allen Fragen rund um das Thema Testament. Nehmen Sie gerne jederzeit Kontakt auf. 

Warum ein Testament verfassen?

Ein Testament gibt Klarheit darüber, wer den Nachlass erhält, und kann Streit unter den Erben verhindern. Ohne eine testamentarische Regelung greift die gesetzliche Erbfolge, die nicht immer den Wünschen des Erblassers entspricht. Besonders für Ehepaare ist eine gezielte Nachlassplanung wichtig, um den überlebenden Partner bestmöglich abzusichern und die Vermögensübertragung optimal zu gestalten.

Das Berliner Testament ist eine weit verbreitete Lösung, bei der sich Ehepartner gegenseitig als Alleinerben einsetzen und die gemeinsamen Kinder erst nach dem Tod des länger lebenden Partners erben. Es bietet Sicherheit, schränkt aber die Flexibilität ein. Eine Alternative dazu stellt das Sylter Testament dar. Diese Variante ermöglicht es dem überlebenden Ehepartner, die Erbfolge später noch anzupassen. Welche Regelung besser passt, hängt von individuellen Faktoren ab – ein Überblick über beide Modelle hilft bei der Entscheidung.

Das Berliner Testament – die klassische Lösung für Ehepaare

Das Berliner Testament ist eine verbreitete Gestaltung des gemeinschaftlichen Testaments gemäß § 2269 BGB. Ehegatten setzen sich hierbei gegenseitig als Alleinerben ein, während die gemeinsamen Kinder oder andere Begünstigte erst nach dem Tod des zweiten Ehepartners erben. Diese Regelung bietet den Vorteil, dass der länger lebende Ehegatte finanziell abgesichert ist und das gesamte Vermögen zunächst in seinem Besitz bleibt.

Vorteile des Berliner Testaments

  • Absicherung des überlebenden Ehepartners: Der länger lebende Ehegatte kann das Vermögen ohne Einschränkungen nutzen.
  • Vermeidung von Erbauseinandersetzungen: Die Kinder treten erst nach dem Tod beider Elternteile als Erben auf, sodass Streitigkeiten in der ersten Erbfolge vermieden werden.
  • Einfache Gestaltung: Ein Berliner Testament kann ohne großen Aufwand handschriftlich oder notariell errichtet werden.

Nachteile des Berliner Testaments

  • Pflichtteilsansprüche der Kinder: Kinder können bereits nach dem Tod des ersten Elternteils ihren Pflichtteil einfordern, was den überlebenden Ehegatten finanziell belasten kann.
  • Bindungswirkung: Nach dem Tod des Erstversterbenden kann der überlebende Ehegatte die Erbeinsetzung nur eingeschränkt ändern, sofern keine Öffnungsklauseln vorgesehen sind.

Das Sylter Testament – mehr Flexibilität für Ehegatten

Das Sylter Testament ist eine weniger bekannte, aber zunehmend beliebte Variante des gemeinschaftlichen Testaments. Im Gegensatz zum Berliner Testament bleibt der überlebende Ehegatte nicht zwingend an die ursprünglich getroffenen Verfügungen gebunden. Das bedeutet, dass er unter bestimmten Voraussetzungen das Testament nachträglich ändern kann.

Vorteile des Sylter Testaments

  • Flexibilität für den überlebenden Ehegatten: Dieser kann die Erbfolge später anpassen, falls sich familiäre oder wirtschaftliche Verhältnisse ändern.
  • Individuelle Gestaltungsmöglichkeiten: Es können Klauseln eingefügt werden, die den Ehegatten absichern, ohne ihn dauerhaft an die ursprüngliche Regelung zu binden.
  • Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen: Durch geschickte Gestaltung kann verhindert werden, dass Pflichtteilsansprüche bereits nach dem Tod des Erstversterbenden fällig werden.

Nachteile des Sylter Testaments

  • Erhöhte Unsicherheit für die Kinder: Da der überlebende Ehegatte Änderungen vornehmen kann, besteht das Risiko, dass Kinder später nicht mehr im gleichen Umfang bedacht werden.
  • Komplexität in der Gestaltung: Ein Sylter Testament sollte rechtlich präzise formuliert werden, um klare Grenzen für mögliche Änderungen zu setzen.

Steuerliche Aspekte und Pflichtteilsrecht

Beide Testamentsformen führen zunächst dazu, dass der überlebende Ehepartner alleiniger Erbe wird. Steuerlich wird dies unterschiedlich behandelt:

  • Beim Berliner Testament fällt die Erbschaftsteuer zweimal an: Einmal beim Ersten Erbfall und erneut beim Tod des länger lebenden Ehepartners.
  • Das Sylter Testament ermöglicht durch eine nachträgliche Anpassung potenziell günstigere steuerliche Gestaltungen, birgt aber auch Unsicherheiten, da die endgültige Erbfolge erst später festgelegt wird.

In beiden Varianten haben die Kinder nach dem Tod des ersten Elternteils einen Pflichtteilsanspruch. Dieser kann durch eine Pflichtteilsstrafklausel eingeschränkt werden. Diese besagt, dass ein Kind, das seinen Pflichtteil nach dem Erstversterbenden verlangt, beim Zweitversterbenden enterbt wird.

Sylter Testament oder Berliner Testament: Welche Testamentsform ist die richtige?

Die Wahl zwischen dem Berliner Testament und dem Sylter Testament hängt von den individuellen Zielen der Nachlassplanung ab. Beide Varianten setzen in der Regel den überlebenden Ehepartner als Alleinerben ein, unterscheiden sich jedoch in ihrer rechtlichen Wirkung und Flexibilität.

Das Berliner Testament sorgt für eine starke gegenseitige Absicherung: Der länger lebende Partner erbt zunächst allein, während die Kinder oder andere Erben erst nach dessen Tod zum Zuge kommen. Diese Bindungswirkung schafft zwar Sicherheit, schränkt aber nachträgliche Änderungen ein.

Das Sylter Testament bietet hingegen mehr Flexibilität. Hier kann der überlebende Ehepartner die Erbfolge später noch anpassen und auf veränderte familiäre oder wirtschaftliche Verhältnisse reagieren. Diese Möglichkeit birgt Chancen, aber auch Unsicherheiten für die Schlusserben.

Welche Testamentsform die bessere Wahl ist, hängt von den persönlichen Bedürfnissen ab. Während das Berliner Testament vor allem Stabilität gewährleistet, bietet das Sylter Testament mehr Spielraum für Anpassungen. Eine juristische Beratung hilft, die individuell passende Lösung zu finden.

Alternativen zum Sylter oder Berliner Testament

Neben dem Berliner Testament und dem Sylter Testament gibt es weitere Möglichkeiten, den Nachlass individuell zu regeln. Eine Option ist das Einzeltestament, bei dem jeder Ehepartner separat über sein Vermögen verfügt. Dies bietet maximale Flexibilität, setzt aber eine sorgfältige Abstimmung voraus, um widersprüchliche Regelungen zu vermeiden.

Eine weitere Alternative ist der Erbvertrag, der bereits zu Lebzeiten verbindliche Vereinbarungen über die Erbfolge trifft. Dieser eignet sich besonders für Patchwork-Familien oder komplexe Vermögensverhältnisse, da er nur mit Zustimmung aller Vertragsparteien geändert werden kann.

Für Ehepaare, die Erbschaftsteuer sparen möchten, kann die Vor- und Nacherbschaft eine sinnvolle Lösung sein. Dabei erhält der überlebende Partner das Vermögen zunächst nur zur Nutzung, während die endgültigen Erben bereits feststehen.

Welche Regelung optimal ist, hängt von der individuellen Familiensituation und den finanziellen Zielen ab. Eine professionelle Beratung sorgt für Rechtssicherheit.

Notarielle Beratung empfehlenswert

Ein Testament sollte rechtssicher formuliert sein, um Streitigkeiten unter den Erben zu vermeiden. Ein Notar bietet dabei wertvolle Unterstützung. Er klärt über rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten auf, prüft die individuellen Bedürfnisse und stellt sicher, dass das Testament den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Besonders bei komplexen Vermögensverhältnissen, Patchwork-Familien oder anspruchsvollen steuerlichen Fragestellungen ist eine notarielle Beratung sinnvoll. Der Notar hilft, missverständliche oder unwirksame Formulierungen zu vermeiden und stellt sicher, dass der letzte Wille eindeutig festgehalten wird.

Ein notarielles Testament hat zudem den Vorteil, dass es automatisch beim Nachlassgericht hinterlegt wird. Dadurch geht es nicht verloren und ist im Erbfall sofort auffindbar. Zudem erspart es den Erben oft die Beantragung eines Erbscheins.

Wer rechtliche Sicherheit und Klarheit bei der Nachlassplanung wünscht, profitiert von einer frühzeitigen Beratung durch einen Notar.

Fazit

Die Wahl zwischen dem Berliner Testament und dem Sylter Testament hängt von individuellen Bedürfnissen ab. 

Eine notarielle Beratung hilft, rechtliche Fallstricke zu vermeiden und eine maßgeschneiderte Lösung zu finden. Wer frühzeitig vorsorgt, stellt sicher, dass der Nachlass nach den eigenen Wünschen geregelt wird und Streit unter den Erben ausbleibt.

Sie benötigen Unterstützung durch einen Notar? Als Rechtsanwalt und Notar unterstützt Nils-Jasper Schuler Sie bei allen Fragen zum Thema Erbfolge und deren Planung. Vereinbaren Sie gerne einen Termin.

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